Liebe Freundinnen und Freunde,
es sind erschreckende Szenen, die dieser Tage in Polen zu sehen sind. Gewaltbereite Faschist*innen und Hooligans, gemeinsam mit Mitgliedern und Sympathisanten der rechtskonservativen Regierungspartei PiS, demonstrieren gegen sexuelle Selbstbestimmung und geschlechtliche Vielfalt. Dabei werden faschistische Symbole offen gezeigt, ohne dass es einen nennenswerten Widerstand aus dem bürgerlichen Lager gibt. Durch unser Nachbarland fährt ein homophober Hass-Bus, mit anti-LGBT-Statements und Parolen. Aber das sind alles keine Gründe, sich zurückzuziehen, nein, wir sind heute hier in Frankfurt um offen und laut unsere Solidarität zu zeigen. Wir stehen gemeinsam auf der Seite der LGBT-Personen in Polen.
Durch die polnische Regierungspolitik ist eine homo- und transfeindliche Stimmung im Land entstanden, die sich in den vergangenen Monaten drastisch verschärft hat. Immer mehr Regionen des Landes werden zu sogenannten „LGBT-freien Zonen“ erklärt. Die junge Trans-Aktivistin Margot Szutowicz wurde verhaftet, weil ihr vorgeworfen wurde, den LGBT-feindlichen Hass-Bus beschädigt zu haben. Bei den darauf folgenden Protesten von LGBT-Aktivist*innen wurden mehrere Demonstrant*innen über Nacht in Gewahrsam genommen. Immer wieder werden friedliche Proteste von LGBT-Personen kriminalisiert und mit Repression überzogen. Dabei wehren sie sich völlig zu Recht gegen gewaltbereite Rechtsradikale, die Hand in Hand mit christlichen Fundamentalist*innen ihre Rechte abschaffen wollen!
Es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass die Anti-LGBT- Ideologie faschistoide Züge trägt und sich auch in Deutschland ausbreitet. LGBT-Feindlichkeit ist nicht nur in der neofaschistischen AfD ein gemeinsames Bindeglied, sondern wirkt bis weit in die bürgerlichen Parteien hinein. Auch in der hessischen CDU agieren Menschen wie Heinz-Jürgen Irmer, der zum CSD Mittelhessen in Wetzlar 2018 eine rechte Gegenkundgebung veranstaltete. Es ist ebenfalls wichtig, nicht aus dem Blick zu verlieren, dass Rassismus, Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit, aber auch anti-osteuropäische Ressentiments miteinander zusammenhängen.
Die progressiven und demokratischen Kräfte, die in Polen auf der Seite der LGBT-Community stehen, müssen solidarisch unterstützt werden. Ich fordere Oberbürgermeister Peter Feldmann auf, in Kontakt mit unserer Partnerstadt Krakau zu treten und sich dafür einzusetzen, dass LGBT-Menschen in Krakau und ganz Polen in Sicherheit und ohne Repressalien leben können.
Deutschland hat sich für die aktuelle Ratspräsidentschaft in der EU unter anderem folgende Schwerpunkte gesetzt: „ein gerechtes und nachhaltiges Europa“ und „ein Europa der Sicherheit und gemeinsamen Werte“. Die Bundesregierung steht deshalb in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass es Gerechtigkeit und Sicherheit für alle Menschen, auch LGBT-Menschen, in der Europäischen Union gibt. Ich fordere die Bundesregierung auf jetzt zu handeln!
Trotz all der Wut, die durch die Einschränkung der Rechte und Gewalt gegen LGBT-Personen in Polen entsteht, ist wichtig, dass keine pauschale Osteuropa-Feindlichkeit entsteht. Ich habe Polen immer als offenes Land mit freundlichen Menschen wahrgenommen. Diesen Eindruck dürfen wir uns durch ein paar Homohasser nicht nehmen lassen. Lasst uns gemeinsam und über nationale Grenzen hinweg für dieses offene Polen, sexuelle Selbstbestimmung und geschlechtliche Vielfalt, kämpfen!
Vielen Dank.
Mit besten Grüßen
Achim Kessler
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